Mir begegnet das Hochstapler-Syndrom in meiner Arbeit immer wieder. Viele Klientinnen von mir sind vertraut mit diesem Phänomen.
Im Interview mit Laura Kellermann, Psychologin, Autorin und Coach, hat sie auch ihre Erfahrungen zum Hochstapler-Syndrom mit eingebracht.
Deshalb ist es an der Zeit zu schauen: Was steckt hinter dem Hochstapler-Syndrom? Warum geht es hierbei um mehr als „nur“ Selbstzweifel? Wie erkennt man dieses Phänomen im Arbeitsalltag? Und vor allem: Wie kannst du das Hochstapler-Syndrom überwinden?
Was steckt dahinter?
Ich glaube, viele kennen das Hochstapler-Syndrom. Und wenn nicht den Namen, dann oft zumindest das Gefühl, das dahinter steckt. Im Internet findet man stattdessen auch oft die Begriffe Imposter-Syndrom oder -Phänomen.
Also, das Hochstapler-Syndrom ist keine Erkrankung, sondern es ist einfach ein psychologisches Phänomen. Im Mittelpunkt stehen dabei Zweifel in Bezug auf den eigenen Erfolg und auf die eigene Leistung.
Das klingt jetzt vielleicht noch ziemlich abstrakt. Aber ganz konkret bedeutet das einfach nur, dass man zum Beispiel eine Top Karriere hinlegt oder einen super Job macht, aber sich trotzdem die ganze Zeit die eigenen Erfolge nicht eingesteht.
Es gibt dabei Gedanken, die ganz typisch für das Hochstapler-Syndrom sind.
Vielleicht kommen dir einige davon bekannt vor. Auch wenn das natürlich nicht unbedingt heißt, dass du das Hochstapler-Syndrom hast.
- „Wann merkt meine Chefin eigentlich, dass ich gar nicht so kompetent bin.“
- Eine Beförderung steht an: „Oh nein, jetzt auf dem Level fliegt auf jeden Fall auf, dass ich nicht gut genug bin.“
- Du bist selbstständig und wurdest von einem Kunden gelobt, aber du denkst: „Ach, Mensch, ja, das war doch nur mein Job. Und das wäre doch auch noch besser gegangen. Er hat doch gar keine Vergleichswerte, oder? Der sagt das nur, weil er mich sympathisch findet.“
Also im Grunde leistest du tolle Arbeit. Du hast auch Erfolge, aber in dir bleibt trotzdem das Gefühl, nicht gut genug zu sein.
Falls dir das bekannt vorkommt, dann lass dir eins gesagt sein: Du bist damit nicht alleine.
Ich habe einige Workshops mit Female Networks von Konzernen gemacht. Da haben wir uns mit Themen beschäftigt, die die Frauen tagtäglich beschäftigen. Dabei ging es oft um Selbstzweifel, aber auch sehr viel um das Hochstapler-Syndrom. Sehr viele der Frauen konnten sich in dieses Gefühl hineinversetzen.
Was unterscheidet das Hochstapler-Syndrom von Selbstzweifeln?
Selbstzweifel hat jeder manchmal. Aber im Vergleich dazu klebt das Hochstapler-Syndrom an einem wie Pattex. Vielleicht kommt dir das ja bekannt vor. Du wirst es nicht so richtig los, weil du ja, wenn man das Lob bekommt, diese Anerkennung nicht so richtig annehmen kann. Stattdessen wertest du gleichzeitig kleine Fehler oder auch schon durchschnittliche Leistungen als Misserfolg. Das schreibst du dir dann selbst komplett auf die Kappe:
„Ich habe mich nicht genug bemüht.“
„Ich bin halt zu dumm.“
„Ich bin eine Versagerin.“
Aber wenn etwas gut läuft, lag es nicht an dir. Sondern der Chef war halt großzügig oder die anderen wussten wohl nicht, dass es noch besser gegangen wäre. Oder es ist halt allein der eigenen exzessiven Arbeit geschuldet.
Kurzgesagt, Erfolge werden dem Außen zugeschrieben, also allem um dich herum, auf das du wenig Einfluss hast. Die Misserfolge jedoch führst du auf das Innen zurück. Dafür trägst du die Verantwortung und die Schuld.
Und von da aus landest du schnell im Hochstapler-Zyklus. Der sorgt dafür, dass du eigentlich auch immer mehr erreichen kannst, mehr Bestätigung und Erfolgserlebnisse bekommst. Du denkst aber ständig, es wäre noch besser gegangen,
Oder du denkst, es hat halt relativ wenig mit dir selbst zu tun. Und deswegen bleiben die Zweifel.
Der Hochstapler-Zyklus:
- Du hast eine Aufgabe, wo deine Leistung bewertet wird, zum Beispiel einen Workshop oder eine Beförderung.
- Dann kommt Versagensangst auf.
- Du reagierst darauf mit Prokrastination oder exzessiver Arbeit.
- Du hast ein gutes Ergebnis.
- Du denkst, das war Glück oder Zufall oder die anderen waren dir wohl gesonnen oder es lag an der exzessiven Arbeit.
Wenn es aber nicht so gut läuft, dann machst du es ganz groß. Es ist der Beweis, dass du nicht gut genug bist. Und du bist selbst daran schuld.
Diese fehlerhafte Ursachenzuschreibung macht es so schwer, da wieder herauszukommen. Es ist ein Teufelskreis, der immer wieder von vorne beginnt.
Aber mal ganz konkret:
Wie zeigt sich das Hochstapler-Syndrom im Arbeitsalltag?
Das Hochstapler-Syndrom kann ganz viele Gesichter haben. In meiner Arbeit mit Klientinnen finden sich jedoch immer wieder ähnliche Verhaltensmuster, wenn es um das Hochstapler-Syndrom geht.
- Viel Arbeit, aber gleichzeitig der Gedanke faul zu sein.
- Workshops in letzter Minute vorbereiten.
- Wichtige Termine exzessiv vorbereiten.
- Nach durchschnittlichen Leitungen oder Misserfolgen den eigenen Wert in Frage stellen.
- Angst vor Erfolg haben.
- Preise nicht erhöhen aus Angst, dass dadurch die Erwartungen steigen.
- Sich schämen, weil man denkt, man verdient es nicht.
- Anerkennung nachjagen.
Und so kann das wirklich passieren: Du wirst in deiner Selbstständigkeit immer erfolgreicher oder du kletterst die Karriereleiter immer weiter hoch. Aber gleichzeitig haften die Zweifel immer wie Kleber an dir dran.
Denn die Lösung ist nicht mehr Erfolg, weitere Fortbildungen, noch positiveres Lob und Anerkennung.
Stattdessen ist es notwendig, an deinen Überzeugungen zu arbeiten und die Ursache dahinter zu erkennen.
Unsere Erfahrungen mit dem Hochstapler-Syndrom
Laura hat das Hochstapler-Syndrom zum ersten Mal bei Beginn ihres Studiums bemerkt. Sie hat oft nicht ihr bestes gegeben und Dinge auf den letzten Drücker erledigt. Erfolge hat sie dann auf das Glück geschoben und sich gedacht: „Hätte ich mich mehr vorbereitet, wäre das ja auch noch besser geworden.“
Das ist ganz spannend, denn aus einem psychologischen Blickwinkel dienen solche Wege zur Erhaltung des eigenen Selbstwerts. Auch wenn man das im ersten Moment vielleicht gar nicht vermuten würde.
Laura erinnert sich an eine ganz konkrete Situation im Studium. Vor einer mündlichen Prüfung hatte sie einen Nervenzusammenbruch. Sie war sehr überzeugt davon, dass ihre Prüfer:innen in der Prüfung zu ihr sagen würden: „Laura, wie sind Sie denn auf die Idee gekommen, Psychologin zu werden? Sie sind doch viel zu dumm.“
Als sie dann mit einer sehr guten Note aus der Prüfung kam, dachte sie nur: „Die haben mir die Note nur aus Mitleid gegeben, weil ich so verheult ausgesehen habe.“
Das ist eine ganz klassische Hochstapler-Situation. Solche Situationen haben sich durch ihr Studium und ihre Jobs gezogen, wobei sie immer besser darin wurde, solche Mechanismen zu erkennen. Sie hat sich ausgiebig damit beschäftigt und es so geschafft, dass diese Hochstapler-Situationen bis zum Ende ihres Studiums weniger geworden sind.
So ähnlich wie ihr ging es mir auch mal. Wobei bei mir das Motiv des Leistungsdrucks eher im Mittelpunkt stand. Ich habe mir ziemlich viel Gedanken gemacht, ob ich gut genug bin und damit irgendwann bemerkt, dass mein Leben so nicht weitergehen kann. Alles war schwer und anstrengend und ich habe immer versucht, alles zu geben.
Natürlich braucht es immer Zeit bis zu dieser Erkenntnis. Es dauert eine Weile, bis man die Zusammenhänge erkennt. Und erkennt, dass da etwas ist, an dem man arbeiten kann.
Was hat Leistungsdruck damit zu tun?
Du kannst dir das so vorstellen, dass der Leistungsdruck eine Säule ist, auf die das Hochstapler-Syndrom baut.
Und Leistungsdruck entsteht mit den unterschiedlichsten Motiven.
Manche Menschen streben danach, mehr zu erreichen, andere wollen vor allem beweisen, dass sie nicht völlig inkompetent sind. Gleichzeitig kommen jedoch häufig viele Zweifel auf.
Besonders in diesen Punkten begleite ich Frauen im Coaching und mit der Hypnose. Es ist so erfüllend, diese Menschen auf ihrem Weg zu mehr Leichtigkeit im Job zu begleiten. Falls dich das anspricht, schau gerne hier vorbei für mehr Infos zu meinem Angebot für dich. LINK EINFÜGEN
Im Hochstapler-Zyklus entsteht der Druck, immer mehr zu leisten, weil man sonst womöglich versagt und die 200% nicht geben kann. Dazu kommt, dass man sich mit dem Hochstapler-Syndrom trotz der Leistungserfolge nicht besser fühlt.
Leistungsdruck kann aber auch völlig losgelöst vom Hochstapler-Syndrom auftreten.
Bei mir persönlich ist das Hochstapler-Syndrom gar nicht so stark, würde ich sagen.
Aber dieses Gefühl, nicht genug zu sein und nicht wertvoll zu sein, hat mich längere Zeit begleitet. Das habe ich mit Leistung kompensiert, um mir täglich zu zeigen: „Doch doch. Guck mal, du bist auch gut genug. Du kriegst ja auch dieses Feedback von den Führungskräften.“
Mir ging es dabei nie um Kompetenz, sondern darum, wertvoll zu sein. Wenn die Bestätigung da war, war auch ein gutes Gefühl da. Das ist beim Hochstapler-Syndrom nicht immer der Fall.
Manche Menschen mit Hochstapler-Syndrom haben gar nicht diesen Drang nach positivem Feedback. Stattdessen schämen sie sich, wenn sie Anerkennung bekommen, weil sie so sehr davon überzeugt sind, dass sie das gar nicht verdient haben.
Wie kannst du das Hochstapler-Syndrom überwinden?
Das grundsätzliche Problem des Hochstapler-Syndroms ist, dass der Erfolg nicht im innen ankommt.
Wenn du die Erfolge immer auf externe Faktoren schiebst, ist es schwierig, die Erfolge anzuerkennen und anzunehmen.
Manchmal ist es auch so, dass Menschen diesen Hochstapler-Zyklus schon rational erkennen. Sie wissen das alles auf einer rationalen Ebene, aber fühlen diese Angst trotzdem jedes Mal.
Natürlich kann es total helfen, das Hochstapler-Syndrom im Rahmen eines Coachings zu bearbeiten. Das haben Laura und ich beide als sehr effektiv erlebt.
Ich möchte dir aber auch etwas an dir Hand geben, was dir jetzt hier schon helfen kann.
Hast du das Gefühl, das Hochstapler-Syndrom zu haben?
Dann kann es helfen, dem Syndrom einen Konkurrenten entgegenzusetzen. Genau dieser Gegenspieler kann ein gesunder Umgang mit Selbstkritik sein. Weil genau das das Hochstapler-Syndrom schwächt.
Aber wie findest du einen gesunden Umgang mit Selbstkritik?
Zuallererst, sich selbst immer weiter zu entwickeln ist super. Kritik ist völlig okay und genauso okay ist es auch Selbstkritik. Das Ziel ist es keinesfalls resistent gegen Kritik zu werden. Aber damit ist dieses ständige penibel an sich herummeckern nicht gemeint.
Hier kann Mitgefühl mit dir selbst eine gute Moderation bieten.
Achte mal darauf, wie du mit dir selbst redest. Oft wird da bewusst, dass man mit sich selbst viel harscher umgeht als zum Beispiel mit einer Freundin. Ihr begegnest du auch mit Mitgefühl und konstruktiver Kritik. Warum sollte das im Umgang mit dir selbst anders sein?
Die innere Kritikerin in deinem Kopf
Der Stimme in meinem Kopf, die früher ständig alles, was ich tue auseinandergenommen und herumgemeckert hat, hab ich einen Namen gegeben: innere Kritikerin.
Wenn du die innere Kritikerin auch bei dir erkennst, kann es helfen, sie einfach mal ganz genau zu visualisieren.
Wer redet da gerade eigentlich mit dir und sagt dir all diese gemeinen Dinge? Was hat sie an? Wie steht sie?
Für mich war die Erkenntnis ganz hilfreich, dass diese innere Kritikerin vielleicht ein Teil von mir ist, aber sie ist nicht ich. Sie ist nicht alles, was ich denke und fühle.
Oder ein anderes Bild: Stell dir vor, diese innere Kritikerin ist eine Person, die bei dir angestellt ist. Ihr seid in einem Meeting und sie redet die ganze Zeit motzig auf dich ein. Also ich würde diese Person entlassen.
Natürlich ist die innere Kritikerin niemand, den man einfach so rauswerfen kann. Deshalb ist es so kostbar zu lernen, mit ihr zu kooperieren, um einen gemeinsamen Weg vorwärtsgehen zu können.
Also nicht rauswerfen, aber du kannst die innere Kritikerin, die quasi bei dir angestellt ist, auch einfach am Kopierer Daueraufträge machen lassen.
Mit der Zeit bekommst du oft ein besseres Gefühl dafür, wo diese verallgemeinernde, kritische Stimme herkommt. Oft hilft es dann, sie mit guten Fragen und Sätzen kennenzulernen und zu hinterfragen.
Wie du die Ursache des Hochstapler-Syndroms löst
Ich sehe den Ursprung für die innere Kritikerin und belastende Überzeugungen oft in der frühen Kindheit. Weil genau da tief in unserem Unterbewusstsein Gefühle und Glaubenssätze abgespeichert werden.
Wenn dich das Thema interessiert, lies gerne mehr dazu im Blogbeitrag „Durch Hypnose endlich gut genug sein“.
Wenn du dich in der Erklärung zum Hochstapler-Syndrom oder auch zum Leistungsdruck wiedergefunden hast und gerne etwas ändern möchtest, schreibe mir einfach eine Nachricht. Wir können uns dann kostenlos und unverbindlich online auf einen Kaffee treffen und herausfinden, wie ich dir optimal weiterhelfen kann. Mehr Infos zu meinem Angebot findest du auch hier.
Ich wünsche dir alles Gute und Arbeitstage, die sich anfühlen wie Wochenende.
Alles Liebe
Deine Insa
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